Weltherztag: Digitale Technik fürs Herz
Über 100 Experten informieren sich beim Symposium der Kardiologie des Ev. Krankenhauses Hagen-Haspe
Die Minicomputer im Armbanduhren-Stil (Smartwatches) entwickeln sich immer mehr zu medizinischen Diagnosegeräten. Einige Uhren können Blutdruck messen, andere sogar ein EKG schreiben. Der diesjährige Weltherztag (29. September) wirbt für die Nutzung der digitalen Technologien für Herz und Kreislauf. Auch auf dem Kardiologischen Fachtag des Ev. Krankenhaus Hagen-Haspe diskutierten zahlreiche Experten aus ganz Deutschland und über 100 Teilnehmer unter anderem über dieses Thema. Wie sinnvoll diese Geräte sind und welche Möglichkeiten und Grenzen sie haben erläutert Priv.-Doz. Dr. Harilaos Bogossian, Chefarzt der Kardiologie und Rhythmologie am Ev. Krankenhaus Hagen-Haspe.
Sollten wir jetzt alle permanent Herz- und Kreislauf mit der Uhr überwachen?
Das hemmungslose Anwenden der Geräte bei fehlender Indikation halte ich für problematisch. Das verunsichert die Menschen. Nur die Ärztin oder der Arzt kann entscheiden, ob die Messung von Puls und Blutdruck und die Erstellung eines einfachen EKGs sinnvoll sind. Zum Beispiel bei Herzrhythmusstörungen wie Vorhofflimmern kann das durchaus sinnvoll sein.
Kann man das nicht auch beim Arzt im normalen EKG feststellen?
Herzrhythmusstörungen hat man nicht 24 Stunden am Tag. Oft ist der Herzschlag dieser Patienten zum Zeitpunkt der ärztlichen Untersuchung normal. Smartwatches ermöglichen den Betroffenen, die EKG-Messung genau dann vorzunehmen, wenn sie Symptome wie Luftnot oder Herzrasen spüren. Ebenso kann die Technik am Handgelenk die Behandlung von Herzkranken ergänzen, die aufgrund von Rhythmusstörungen ihren Herzschlag im Blick behalten müssen. Allerdings ist es wichtig, dass Anwenderinnen und Anwender der Smartwatch wissen, wie sie diese richtig zu bedienen und Ergebnisse zu deuten haben, da es sonst leicht zu Verunsicherung kommen kann.
Wie verlässlich erfasst so eine Uhr am Handgelenk das Vorhofflimmern?
Laut einer Mitteilung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie zeigten Voruntersuchungen, dass tatsächlich eine 95-prozentige Übereinstimmung von dem von der Smartwatch erkannten und dem klinisch dokumentierten Vorhofflimmern besteht. Diese Empfehlung basiert auf mehreren Studien an mehreren 100.000 Patienten, die international hochgradig publiziert wurden.
Kann die Smartwatch auch einen Herzinfarkt erkennen?
Die Minicomputer am Arm kommen im Diagnosebereich bislang rasch an ihre Grenzen. Sie sind ungeeignet, um zwischen gutartigen und bösartigen Herzrhythmusstörungen zu unterscheiden oder Durchblutungsstörungen des Herzens zu erfassen. Auch den Herzinfarkt können sie nicht erkennen und auch keine Hinweise auf eine koronare Herzkrankheit geben. In Zukunft werden möglicherweise auch solche Krankheitsbilder erfasst und bei entsprechender Indikation sogar automatisch der Notruf ausgelöst. Bis dahin gilt allerdings weiterhin „Bei Schmerzen im Brustraum: sofort 112 anrufen!“
Foto: Chefarzt Priv.-Doz. Dr. Harilaos Bogossian mit den Experten aus ganz Deutschland, die beim Fachtag Kardiologie referierten.