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Gleichwertige medizinische Versorgung von Menschen mit Behinderung

Dr. Jörg Stockmann, Chefarzt der Klinik für Inklusive Medizin am Evangelischen Krankenhaus Hagen-Haspe


„Gleichwertige medizinische Versorgung von Menschen mit Einschränkungen gelingt nur, wenn besondere Anstrengungen unternommen werden“, unterstrich Dr. Jörg Stockmann, Chefarzt der Klinik für Inklusive Medizin am Evangelischen Krankenhaus Hagen-Haspe. Im Rahmen eines Netzwerktreffens von Behindertenbeauftragten aus Städten und Kreisen des Regierungsbezirks Arnsberg informierte der Experte über das besondere medizinische Angebot für Menschen mit geistiger und schwerer mehrfacher Behinderung. Als Krankenhaus der Grund- und Regelversorgung bietet Krankenhaus Haspe ein ambulantes medizinisches Zentrum für Erwachsene mit Behinderung (MZEB) sowie eine eigene inklusive Station. 

Das Kompetenzzentrum Selbstbestimmt Leben (KSL) Arnsberg zu dem Austausch eingeladen. Das Thema Inklusive Gesundheitsversorgung gehört zu den Arbeitsschwerpunkten der KSL in NRW, zu denen das KSL Arnsberg gehört.

Dr. Stockmann berichtete von der Arbeit der Inklusiven Medizin in Hagen-Haspe: Die Station sei auch für andere Menschen, die von der besonderen Ausstattung profitieren, offen. Es gibt 18 Betten in 14 Einzelzimmern und zwei Doppelzimmern. Angehörige oder Assistenzpersonal können mit aufgenommen werden. Es gibt mehr Pflegekräfte als auf anderen Stationen (z.B. nachts immer 2 Nachtwachen). Patienten mit Orientierungsstörung können nicht unbemerkt die Station verlassen. Die Station liegt ruhig in einem Nachbargebäude des Krankenhauses. Sie ist mit einem Tunnel mit dem anderen Teil des Krankenhauses verbunden.

„Menschen mit Behinderung sollen eine Gesundheitsversorgung auf demselben Niveau wie alle Bürgerinnen und Bürger ohne Behinderung bekommen“, verwies Dr. Stockmann auf den Artikel 25 UN-Behindertenrechtskonvention. „Daraus folgt, dass Menschen mit Behinderung einen barrierefreien Zugang zu medizinischen Angeboten benötigen.“  Auf normalen Stationen fehle häufig medizinisches Wissen zu den oft speziellen medizinischen Problemen der Betroffenen. So gebe es in der Regel keine oder nur wenig Expertise im Umgang mit Kommunikationshindernissen. Das komplexe Betreuungsumfeld werde auch oft nicht verstanden und zu wenig gehört. Bei den Profis ergebe sich daraus das Gefühl der Überforderung, was nicht selten zu Abweisung, vorzeitiger Entlassung oder Unterlassung indizierter Behandlungen führen könne.

„Das bedeutet zunächst, dass wir uns mehr Zeit nehmen müssen, um die komplexen Probleme zu verstehen“, sagte Dr. Stockmann. „Wir brauchen mehr Fachexpertise, barrierefreie Räumlichkeiten und mehr technische Unterstützung. Darüber hinaus müssen diagnostische Prozesse und Therapien auf die oft individuellen Bedürfnisse der Patienten abgestimmt werden.“

Im weiteren Verlauf der Veranstaltung gab das Team des KSL Arnsberg weitere Einblicke in seine Arbeitsschwerpunkte. Abschließend tauschten die Behindertenbeauftragten Erfahrungen aus ihrem Arbeitsalltag aus. Das nächste Treffen dieses Formats findet im ersten Quartal 2023 statt. Thema wird dann voraussichtlich „Digitale Barrierfreiheit“ sein.